"Die meisten Schriftsteller täuschen sich oder spielen. Vielleicht sind Selbsttäuschung und Spiel ein und dasselbe, zwei Seiten einer Medaille. In Wirklichkeit bleiben wir ein Leben lang Kinder, monströse Kinder mit allerlei Wehwehchen und Krampfadern und Geschwüren und fleckiger Haut, aber letztlich doch Kinder, das heißt, wir hören nie auf, uns ans Leben zu klammern, denn wir sind Leben. Man könnte auch sagen: Wir sind Theater, wir sind Musik. Genauso gibt es nur wenige Schriftsteller, die entsagen. Wir spielen, um uns für unsterblich zu halten."
Roberto Bolaño, 2666, 955

Wir altern mit lebenshungrigen Kinderseelen. So bespielen und inszenieren wir unbekümmert unser Dasein, als gäbe es keinen Verfall, keine Endlichkeit. Wir spielen mit Figuren und Begriffen, variieren ihre Konstellationen. Dieses Spiel ist vielleicht Ausdruck von Lebensfreude, aber vor allem ist es Abwehr von etwas Unsagbarem, Versuch der Schließung eines Risses in der Ordnung des Lebens.



Bolano, Roberto: 2666. Roman. München Wien: Carl Hanser Verlag, 2009