"Sagen Geschichten denn etwas, abgesehen davon, daß sie geschehen, daß sie sind? Trotz meines Skeptizismus ist ein Rest von Aberglauben in mir geblieben, zum Beispiel eben diese sonderbare Überzeugung, daß alle Geschichten, die mir im Leben widerfahren, irgendeinen zusätzlichen Sinn haben, etwas bedeuten; daß das Leben in seiner eigenen Geschichte etwas über sich aussagt, uns schrittweise sein Geheimnis enthüllt, daß es vor uns steht wie ein Rebus, dessen Sinn man enträtseln muß, daß die Geschichten, die wir in unserem Leben erleben, die Mythologie dieses Lebens sind und in dieser Mythologie der Schlüssel zur Wahrheit und zum Geheimnis liegt."
Milan Kundera, Der Scherz, 190f.

Die Ereignisse eines Lebens lassen sich entziffern und miteinander verbinden und auflösen wie ein Rätsel. Sie bezeichnen dieses Leben und formen es zu einer Ganzheit.
Der Glaube, dass alles, was einem geschieht, eine Bedeutung für das eigene Leben besitzt, ist eine Abwehr der Sinnlosigkeit.

Name  PW 


Kundera, Milan: Der Scherz. Roman. Frankfurt am Main: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch), 1989