"... daß die Einsamkeit nicht die von den morgendlichen Jalousien beschienene Lippenstiftspur auf einem Glas im leeren Büro ist, auch nicht das Verlassen einer Bar, in der wir vielleicht die Schlangenhaut unechter Fröhlichkeit über einem Stuhl hängengelassen haben, die Beunruhigung und Angst bemäntelt: Die Einsamkeit sind die Menschen vor mir und ihre Gesten verwundeter Vögel, ihre feuchten, sanften Gesten, die sich wie sterbende Tiere auf der Suche nach einer nicht möglichen Hilfe dahinschleppen."
António Lobo Antunes, Einblick in die Hölle, 77

Mehr noch als die selbst erfahrene Einsamkeit rührt die Verlorenheit der Anderen an, ihre Mutlosigkeit, ihr Suchen, ihre Resignation. Diese hungernde Bedürftigkeit, die uns so unausweichlich den Spiegel vorhält. Wir werden zurückgeworfen auf eine Hilflosigkeit, die jeglichen Trost verwehrt. Wir verstummen im Ertragen und leiden an der bitteren Aussichtslosigkeit.



Lobo Antunes, António: Einblick in die Hölle. Roman. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 2006