"Ich besitze in dem Maße, wie ich bezeichne – das ist der blendende Glanz, eine Sprache zu haben. Aber ich besitze weitaus mehr in dem Maße, wie ich nicht bezeichnen kann. Die Wirklichkeit ist der Rohstoff, die Sprache ist meine Art, ihn zu suchen – ihn aber nicht zu finden. Aber aus dem Suchen und nicht zu finden wird das entstehen, was ich nicht kannte und im gleichen Augenblick wiedererkenne. Die Sprache ist meine menschliche Anstrengung. Aufgrund der Bestimmung muß ich suchen und aufgrund der Bestimmung komme ich mit leeren Händen zurück. Aber ich komme mit dem Unsagbaren zurück. Das Unsagbare kann mir nur durch das Scheitern meiner Sprache gegeben werden."
Clarice Lispector, Die Passion nach G.H., 149

Das Unsagbare ist das Wirkliche, an der die Sprache scheitert, weil sie Repräsentation ist, d.h. Differenz zum Wirklichen. Aber ich habe nur die Sprache, um mich dem Unsagbaren zu nähern. Doch es ist die Sprache, in der sich mein Scheitern zeigt. Diese scheiternde Sprache mache ich zu meiner Sprache.

Name  PW 


Lispector, Clarice: Die Passion nach G.H. Roman. Frankfurt am Main: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch), 1990