Paul Theroux (1941)
Paul Theroux, eines von sieben Kindern, wurde am 10. April 1941 in Medford/Massachusetts geboren. Sein Vater war französisch-kanadischer Abstammung, seine Mutter Italienerin. Vielleicht ist hier bereits sein späterer Hang zum Globetrotter angelegt. Obwohl er in seiner Jugendzeit viel gelesen hat, dachte er nicht daran, Schriftsteller zu werden, im Gegenteil, er war der Meinung, daß Schreiben "unmännlich" sei und machte im College einen vormedizinischen Abschluss. "Die erste Chance", sein Heimatstädtchen zu verlassen, nutzte er, indem er sich an der University of Maine einschrieb. Später wechselte er zur University of Massachusetts, die er 1963 mit dem Bachelor of Arts abschloss. An dieser Universität belegte er einen Schreibkurses bei Joseph Langland. Das war das Startzeichen für seine schriftstellerische Karriere.
Allerdings arbeitete er erst einmal als Englischlehrer: Über die amerikanische Entwicklungshilfsorganisation Peace Corp unterrichtete er in afrikanischen Ländern, zuerst in Malawi, nebenher schrieb er Artikel und Short Stories für diverse Zeitschriften und engagierte sich gegen den Vietnamkrieg, was ihm Querelen mit dem Peace Corp einbrachte. 1964 war er in einen gescheiterten Staatsstreich in Malawi verwickelt und wurde aus dem Peace Corp ausgestoßen, woraufhin er nach Kampala, Uganda übersiedelte und eine Stelle an der Makere Universität antrat. In Kampala lernte er die englische Lehrerin Anne Castle kennen, die er später heiratete. Dort traf er auch auf V.S. Naipaul, der sein Freund und Mentor wurde, mit dem er sich jedoch viele Jahre später überworfen hat. Als seine schwangere Frau anläßlich einer Demonstration in Kampala in eine bedrohliche Gefahr kam, entschlossen sie sich, Afrika zu verlassen und er nahm ein Engagement an der University of Singapore an. Allerdings blieb sein Herz an Afrika hängen, er schrieb weiterhin über diesen Kontinent und bereiste ihn später des öfteren.
In Singapur stellte er endgültig fest, daß ihn der Lehrbetrieb langweilte, woraufhin er beschloss, sich fortan nur noch der professionellen Schriftstellerei zu widmen. The Great Railway Bazaar, By Train through Asia war seine erste Reisenovelle, mit ihr machte er sich einen Namen als Schriftsteller. Danach schrieb er "The Familiy Arsenal", "Picture Palace" und "Mosquito Coast"; dieses Stück wurde später von Peter Weir verfilmt. Darüber hinaus publizierte er drei Sammlungen von Kurzgeschichten, allesamt eine Spiegelung seiner Abenteuer im Ausland. Überhaupt ist er ein fleißiger Schriftsteller, trotzdem ist er, anders als in den Vereinigten Staaten und England, in Deutschland nie so recht berühmt geworden.
1998 schrieb Theroux "Sir Vidia’s Shadow", das in der literarischen Welt aufgenommen wurde als die versteckte Biographie von V.S. Naipaul, Vidia ist Naipauls erster Vorname. Amüsanterweise war V.S. Naipaul jedoch der Meinung, es sei Theroux’ eigene Biographie. Hier klingt die zuvor erwähnte Überwerfung der beiden multikulturellen Autoren an; die bei aller Skandalträchtigkeit dieses Vexierspiels noch auf etwas ganz anderes hinweist, nämlich auf die Verbundenheit und Gemeinsamkeiten der beiden Großliteraten, die immerhin über 30 Jahre befreundet waren: ihre gemeinsamen Jahre in Uganda, beide lehrten an Universitäten, ihre Reise- und Bewegungslust und nicht zuletzt, ihr Schwerenötertum; angeblich stellten alle beide leidenschaftlich den Frauen nach. Was Theroux zum Coup gegen Naipaul ausholen ließ, unterliegt Vermutungen, in Insiderkreisen wird jedoch gemunkelt, daß sich Theroux über Naipauls zweite Ehefrau ärgerte, da diese kurz nach der Hochzeit im Jahre 1996 beim Ausmisten des Hausrats des späteren Nobelpreisträgers ein mit einer herzlichen Widmung versehenes Buch von ihm auf den Müll warf. In diesem Fall könnte "Sir Vidia’s Shadow" als folgenreiche Rache einer Entsorgungsaktion verstanden werden. Allerdings waren sich die Rezensenten einig, dass sich der Klatsch in diesem Buch in Grenzen hält bzw. die gelungenen Szenen der Freundschaft überwiegen. Nicht zuletzt aber hat diese deliziöse Affäre zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades beider beigetragen.
Heute pendelt Theroux zwischen Cape Cod in Neu-England und Hawaii, wo er mit seiner zweiten Frau lebt und einen weiteren Beruf für sich entdeckt hat, und zwar einen, von dem all jene profitieren können, die sich nicht für Literatur interessieren, sondern für eine andere Süße des Lebens, Honigsüße: Er beschäftigt sich als Imker mit einem Bestand von mehr als zwei Millionen Bienen. Seinen Honig vertreibt er unter dem Markennamen: Oceania Ranch Pure Hawaiian Honey. In einem Interview erzählt er, Sherlock Holmes habe ihn auf die Idee gebracht, Imker zu werden. Arthur Conan Doyle hat nämlich den Detektiv, nachdem er ihn in den Ruhestand geschickt hat, zum Bienenzüchter gemacht. Überhaupt, so Theroux, sei die Bienenzucht außerordentlich einfach, denn Bienen machen die ganze Arbeit allein.

Werke (in deutscher Übersetzung):
1979: Der alte Patagonienexpress (1995)
1981: Moskito-Küste (1983)
1984: Dr. Slaughter (1985)
1989: Mein geheimes Leben (1990)
1992: Die glücklichen Inseln Ozeaniens (1993)
1995: An den Gestaden des Mittelmeeres (1996)
1996: Mein anderes Leben (2000)