Andere


 
"Was begreifen wir denn von unserm Nächsten als seine Grenzen, ich meine das, womit er sich auf und an uns gleichsam einzeichnet und eindrückt? Wir begreifen nichts von ihm als die Veränderungen an uns, deren Ursache er ist, – unser Wissen von ihm gleicht einem hohlen geformten Raume. Wir legen ihm die Empfindungen bei, die seine Handlungen in uns hervorrufen, und geben ihm so eine falsche, umgekehrte Positivität."
Friedrich Nietzsche, Morgenröte
in: Werke I, 1093

Der Andere mit seinen Empfindungen und Wahrnehmungen entzieht sich meiner Erfahrung. Zugänglich ist mir nur seine Wirkung auf mich, ich kann von ihm nur wahrnehmen, was in mir eine Resonanz auslöst, die von meinen Dispositionen, meiner Geschichte abhängt. Somit ist der Andere nur eine Projektion meiner Wünsche und Ängste.



Nietzsche, Friedrich: Werke in drei Bänden. Herausgegeben von Karl Schlechta. München: Carl Hanser Verlag, 1954