"Die Kommunikation ist ein ganz anderes Abenteuer der Subjektivität als das, welches von der Sorge, sich wiederzufinden, beherrscht wird, ein anderes als die Koinzidenz des Bewußtseins; hier beruht die Kommunikation auf der Ungewißheit als einer positiven Bedingung: Nur als entschiedenes Opfer ist sie möglich. Die Kommunikation mit dem Anderen kann nur als gefährliches Leben Transzendenz sein, als ein schönes Wagnis, das eingegangen werden muß. Diese Wörter gewinnen ihren starken Sinn, wenn sie die Unentgeltlichkeit des Opfers ausdrücken, statt nur den Mangel an Gewißheit zu bezeichnen."
Emmanuel Lévinas, Die Spur des Anderen, 322

Sich auf Kommunikation einzulassen heißt, sich dem Anderen auszuliefern, darauf zu verzichten, sich im Anderen wiederzufinden. Mag es auch zunächst um die Suche nach Übereinstimmung gehen, um die Herstellung eines Konsenses, so ist Kommunikation doch vor allem, sich der Fremdheit des Anderen auszusetzen. In der Kommunikation mache ich mich zum Opfer des Anderen, ohne eine Prämie dafür erwarten zu können. In diesem Sinne ist Kommunikation ein Wagnis der Transzendenz, einer Selbstüberschreitung ohne Rückkehr.



Lévinas, Emmanuel: Die Spur des Anderen. Untersuchungen zur Phänomenologie und Sozialphilosophie. Freiburg im Breisgau: Alber, 1983