"Das Bedürfnis ist ein Mangel, der erwartet, behoben zu werden; das Bedürfnis ist befriedigt. Die Liebe will die Vereinigung. Das Begehren, das man metaphysisch nennen kann, ist Begehren dessen, was uns nicht mangelt, Begehren, das nicht befriedigt werden kann und nicht begehrt, sich mit dem Begehrten zu vereinigen: es begehrt das, was derjenige, der begehrt, überhaupt nicht braucht, was ihm nicht fehlt und was er nicht zu erreichen begehrt, indem es gerade das Begehren dessen ist, was ihm unzugänglich und fremd bleiben muß – Begehren des Anderen als Anderen, nüchternes, uninteressiertes Begehren, ohne Befriedigung, ohne Sehnsucht, ohne Rückkehr."
Maurice Blanchot, Das Unzerstörbare, 101

Das Begehren ist eine Bewegung auf den Anderen hin, die weder getrieben ist vom Bedürfnis, noch von Sehnsucht nach Vereinigung, also nicht auf Selbstbefriedigung aus ist. Das Begehren ist eine Öffnung, eine Aussetzung auf den Anderen hin, ohne dass es eine Prämie dafür gibt. Nichts kehrt zu mir zurück, in dem ich eine Einheit mit mir finden könnte.



Blanchot, Maurice: Das Unzerstörbare. Ein unendliches Gespräch über Sprache, Literatur und Existenz. München: Carl Hanser Verlag (Edition Akzente), 1991