"Das Leben schreibt keine Geschichten. Wir sind es, die das Geschehen in Geschichten ummünzen und uns darin einsperren und alle Türen verriegeln. Und das Leben ausschließen. Was mich am Leben hält, kann ich nur Alltag nennen, worunter ich eine Menge langweiliger Verrichtungen verstehe, ein Durchschwimmen von unbeurteilbaren Gegebenheiten, Begebenheiten, Verworrenheiten, Verdrossenheiten, Leeren; aber auch Ströme von Gedanken, von Träumen. Und innerhalb des ganzen Unbeurteilbaren selten einmal ein Golfstrom, der einen wegträgt und in Sicherheit wiegt. Das Leben bestehen heißt den Alltag bestehen und von Zeit zu Zeit zum Leuchten bringen."
Paul Nizon, Hund, 55f.

Das Leben besteht aus zusammenhanglosen Ereignissen, die meistens belanglos sind, manchmal aber auch von einer rätselhaften Tiefe. Doch von sich her ist es keine Geschichte, die sich erzählen lässt. Aus Teilen dieses Lebens eine Geschichte zu formen, ist wie eine Erstarrung des Lebens, eine Reduktion der Vielfalt und des Disparaten.



Nizon, Paul: Hund. Beichte am Mittag. Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1999