Sprache


 
Kafka entwirft trostlose und groteske Bilder von der Zukunft ihrer Liebe. So schreibt er in der Silvesternacht von 1912 auf 1913:
"In Deinem letzten Brief steht ein Satz, Du schriebst ihn schon einmal, ich wohl auch: 'Wir gehören unbedingt zusammen.' Das ist, Liebste, tausendfach wahr, ich hätte z.B. jetzt in den ersten Stunden des neuen Jahres keinen größern und keinen närrischeren Wunsch, als daß wir an den Handgelenken Deiner linken und meiner rechten Hand unlösbar zusammengebunden wären. Ich weiß nicht recht, warum mir das einfällt, vielleicht weil vor mir ein Buch über die Französische Revolution mit Berichten von Zeitgenossen steht und weil es immerhin möglich ist - ohne daß ich es allerdings irgendwo gelesen oder gehört hätte -, daß einmal auf solche Weise zusammengebunden ein Paar zum Schafott geführt wurde."
Und zwei Monate später entwirft er dieses Bild des Scheitern der Liebe:
"Schon als Kind bin ich immer in großer Bewunderung vor einem schlechten Buntdruck in der Auslage eines Bildergeschäftes gestanden, auf dem der Selbstmord eines Liebespaares dargestellt war. Es war eine Winternacht und der Mond nur für diesen letzten Augenblick zwischen großen Wolken sichtbar. Die beiden waren am Ende eines kleinen hölzernen Landungssteges und machten gerade den entscheidenden Schritt. Gleichzeitig strebte der Fuß des Mädchens und des Mannes in die Tiefe und man fühlte aufatmend, wie beide schon von der Schwerkraft ergriffen waren. Es ist mir nur noch erinnerlich, daß das Mädchen um den bloßen Kopf einen dünnen, hellgrünen Schleier gewunden hatte, der lose flatterte, während der dunkle Mantel des Mannes vom Wind gestrafft wurde. Sie hielten einander umfaßt und man konnte nicht sagen, sie zog oder er trieb, so gleichmäßig und notwendig ging es vorwärts und man fühlte vielleicht undeutlich schon damals, wenn man es auch erst später erkannte, daß es für Liebe vielleicht keinen anderen Ausweg gibt, als den, der da dargestellt wurde." (25./26.2.13)
Und ein Bild von ihrer Beziehung und seiner Position ihr gegenüber:
"Ich komme mir vor, als stünde ich vor einer abgesperrten Tür, hinter der Du wohnst und die sich niemals öffnen wird. Nur durch Klopfen gibt es eine Verständigung, und nun ist es hinter der Tür auch noch still geworden." "Denn ich für meinen Teil, Liebste, würde Dich niemals verlassen und selbst wenn mein Los so fallen würde, daß - es wäre nicht das Schlimmste für mich - ich innerlich ein Verhältnis zu Dir hätte, das z.B. dem äußerlichen Vorgang entsprechen würde, daß ich nichts anderes zu tun hätte, als ewig vor einem Nebeneingang Deines Hauses auf Dich zu warten, während Du durch den Haupteingang aus und ein gingest." (3./4.3.13)
Franz Kafka, Briefe an Felice