"Man glaubt, man könnte sich mit der Vorstellung vom Tod nie ohne Angst abfinden. Wenn wir noch jung sind, ist er für uns so weit weg, in eine so ferne Zeit gerückt, daß allein schon diese Distanz ihn unannehmbar macht. Später dann, wenn die Jahre verstreichen, ist es genau das Gegenteil – seine größere Nähe –, was uns mit Furcht erfüllt und ständig daran hindert, ihm ins Angesicht zu schauen. Aber in jedem Fall ist die Angst immer dieselbe: Angst vor der Erniedrigung, Angst vor der Vernichtung, Angst vor der unendlichen Kälte, die das Vergessen mit sich bringt."
Julio Llamazares, Der gelbe Regen, 79

Das Bewusstsein des eigenen Todes ist in uns eine zumeist verleugnete Wunde. Denn sie müsste eine unermessliche Angst auslösen, aber diese Angst ertragen wir nicht und wehren sie ab. Unvorstellbar ist die totale Auslöschung, die uns bevorsteht. Sie widerspricht unserem Selbstgefühl.



Llamazares, Julio: Der gelbe Regen. Roman. Frankfurt am Main: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch), 2000