"Nichts ist der Liebe so verwandt wie der Wunsch, die Wirklichkeit zu leugnen, um sich ein neues Leben zu lügen. Nichts befähigt zu größerer Zärtlichkeit als das Gefühl, es könnte zu spät sein. Leiser, sehnsüchtiger ist keine Berührung als von der Hand der Resignation. Der Abschied trägt eine Ferne in alles hinein. Es ist nur der Abschied, der die Nähe wie eine Möglichkeit erscheinen läßt."
John von Düffel, Zeit des Verschwindens, 109

Was wie Liebe aussieht, ist oft eine Sehnsucht, die den Blick auf den Anderen verstellt und eher in sich selbst kreist. Je unerreichbarer der Andere scheint, um so mehr Phantasien ranken wir um die Hoffnung auf ein neues Leben. Die Schattenwürfe der erahnten Trauer über die Unerfüllbakeit verzerren die Wirklichkeit zum Traumgespinst. Der drohende Verlust als Stachel des Begehrens?



Düffel, John von: Zeit des Verschwindens. Roman. München: dtv, 2002