"Denn die Seele, die lebende Menschen haben, ist das, was sie nicht lieben läßt, was in aller Liebe einen Rest zurückbehält, was in aller Liebe nur sich ansieht; sie können sich nicht verschenken; sie bleiben immer sie selbst, sie kommen mit gefesselten Händen und geschlossenen Augen, um sich hinzugeben, und doch lieben sie den anderen nur, weil ihre Einsamkeit leise hinter ihm blutet."
Robert Musil, Das verzauberte Haus
in: Gesammelte Erzählungen, 148

Bei aller Sehnsucht, sich zu verschenken, sich hinzugeben, bleibt die Seele ein unüberwindbares Hindernis. Die Seele ist das Eigene, das sich bewahren will, und das macht sie einsam. Und nur, weil die Einsamkeit an ihr zerrt, wagt sie sich auf das Minenfeld der Liebe, um allerdings letztlich dort zu scheitern. Die Einsamkeit »blutet«, weil es den Anderen gibt als unerfüllbare Verheißung ihrer Überwindung.



Musil, Robert: Sämtliche Erzählungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1972