"Menschen fotografieren heißt ihnen Gewalt antun, indem man sie so sieht wie sie sich selbst niemals sehen, indem man etwas von ihnen erfährt, was sie selbst nie erfahren; es verwandelt Menschen in Objekte, die man symbolisch besitzen kann. Wie die Kamera eine Sublimierung des Gewehrs ist, so ist das Abfotografieren eines anderen ein sublimierter Mord – ein sanfter, einem traurigen und verängstigtem Zeitalter angemessener Mord."
Susan Sontag, Über Fotografie, 20

Wenn sich Menschen dagegen wehren, fotografiert zu werden, dann weil sie sensibel sind für die Gewalt, die ihnen damit angetan wird. Im Foto werden sie vergegenständlicht zu Objekten, in denen ihre Freiheit erstarrt. Ihr Bild ist eine tote Vergangenheit, die als solche in Besitz genommen wird.
Jeder trägt heute mit seinem Smartphone die Möglichkeit mit sich herum, jederzeit ein Foto zu »schießen«, von sich selbst oder anderen (entsprechend diesem Unterschied gibt es im Smartphone die Frontkamera und die Hauptkamera). Jeder trägt heute diese Waffe bei sich, das Fotografieren lässt sich als eine Seuche des Bildermachens beschreiben.



Sontag, Susan: Über Fotografie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 1980
Sontag, Susan: Über Fotografie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch, 1980