"Nur durch die Offenheit für das Ereignis wird die Präsenz zu einer Präsenz des Selbst. Doch nicht etwa, weil sie um ihrer selbst Willen in der Welt ist in Form eines Entwurfs, der seine eigene Faktizität ermöglicht. Sondern durch ihre Transpassibilität, die für das nicht zu Erwartende offen steht, das jedes a priori ausschließt. Ihre Offenheit für das Ereignis ist das, wodurch sie existiert, und als Selbst existiert. Das Ereignis ist ein Existenzial."
Henri Maldiney, Drei Beiträge zum Wahnsinn, 244

Die Erfahrung der Präsenz verdankt sich der Öffnung des Selbst auf das Ereignis. Das Ereignis ist das Unverfügbare, dem ich passiv ausgeliefert bin. Es zerbricht die zur Gewohnheit gewordenen Strukturen meiner Erfahrung. Die Erfahrung des Ereignisses ist Hingabe, Enteignung, Leiden – Kontrolle und Besitz schließt sie aus. Diese Erfahrung des Fremden, Unbekannten findet man eher beim Psychotiker (und beim Künstler). Sie setzt eine Durchlässigkeit voraus, die Transpassibilität, eine Empfänglichkeit für das Unvorhersehbare. In der Kunst manifestiert sich die Transpassibilität als Einbruch der (chaotischen) Mannigfaltigkeit des Visuellen in die Wahrnehmung.



Maldiney, Henri: Drei Beiträge zum Wahnsinn. Wien: Turia & Kant, 2018