"Das Scheitern ist ein Schürfen. Etwas wird abgetragen in uns, wenn wir scheitern, wenn wir versagen. Es ist wie ein langsames Abschürfen, Wegschürfen von Härtestem, das aber endlich bricht. Durch unser Versagen, unser Scheitern ist es gebrochen. Es bricht durch, irgendwann – das alles geschieht in uns –, und wir fallen durch in jenes Neuland, das wir so lange beschworen hatten."
Patrick Roth, Johnny Shines, 98

Zunächst ist es nur ein unmerklicher Prozess, der sich dann allmählich verdichtet. Deshalb braucht man Zeit, um zu begreifen, dass man gescheitert ist. Uneinsichtig hält man noch das fest, was einem immer mehr entgleitet – das, was man zu besitzen glaubt, oder was man glaubt zu sein. Ist das Scheitern schließlich unausweichlich präsent, ist sein Eingeständnis für uns umso schmerzlicher. Allerdings wird es manchmal auch begleitet von einem Gefühl der Befreiung von Zwängen und Hindernissen und eröffnet so einen Raum neuer Möglichkeiten.



Roth, Patrick: Johnny Shines oder Die Wiederweckung der Toten. Seelenrede. Frankfurt am Main: Suhrkamp (suhrkamp taschenbuch), 1997